Einfache und schnelle Prüfung von GPS-Antennen

Hans Glasmacher

Schneggstr.7, 85354 Freising

 

1. Wozu Antennenuntersuchungen?

Die erwarteten und auch erreichbaren Anforderungen an die Genauigkeiten von GPS-Messungen steigen immer weiter an, während sich die Benutzer immer weniger Gedanken über die darin enthaltenen Fehlerkomponenten machen. Eine dieser Komponenten ist die Richtungsabhängigkeit des Phasenzentrums der GPS-Antennen.

In der Anfangszeit der Verwendung von GPS für die Vermessung war es selbstverständlich, daß die Anntennen anhand einer Markierung nach Norden ausgerichtet wurden. Die zuerst eingesetzten Antennen waren Helix-Antennen, die besonders große Richtungsfehler aufwiesen. Da jedoch Antennen gleichen Typs innerhalb der Fertigungstoleranzen weitgehend das gleiche richtungsabhängige Fehlerbild haben, wird der richtungsabhängige Fehler bei gleicher Ausrichtung nach Norden bei der differentiellen Auswertung zum größten Teil eliminiert.

Die Helix-Antennen wurden bald von den Microstrip-Antennen abgelöst, deren Fehlerbeträge deutlich kleiner waren und die auch physikalisch kleiner und leichter waren. Trotzdem hatten die geodätischen Antennen weiterhin einen aufgedruckten Nordpfeil und teilweise sogar einen eingebauten Kompaß, um größtmögliche Genauigkeit zu erreichen. Für hochgenaue Meßkampagnen wurden oftmals alle Ausrüstungen zu gemeinsamen Vergleichsmessungen zusammengezogen. Das Ziel, durch diese Kalibrierungen die Genauigkeiten wesentlich zu steigern, wurde jedoch meistens nicht erreicht.

Da heute zunehmend kinematische und Stop&Go Verfahren mit sehr kurzen Aufstellzeiten angewendet werden, wobei die Ergebnisse oftmals gleich in Echtzeit ausgewertet werden, ist eine Ausrichtung der Antenne zu zeitraubend und nicht mehr üblich. Dabei werden meist spezielle kleinere und leichtere Antennen eingesetzt. An den Referenzstationen werden dagegen zur Vermeidung von Multipath­einfüssen Antennen mit großen Groundplanes oder Choke-Rings eingesetzt werden. Die Antennen sind daher nicht mehr gleichartig, wodurch sich auch die Ausrichtung zur Elimination der richtungs­abhängigen Fehler erübrigt.

Wie groß ist aber nun letztendlich der richtungsabhängige Fehler des eingesetzten Systems, muß sich nun der Benutzer fragen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß zumindest in Bezug auf die Antennen das tatsächliche System aus der Differenz von Referenz- und Rover-Antenne besteht. Dabei kann es außerdem vorkommen, daß die Referenz-Antenne einem Referenzdienst gehört oder sonstwie unzugänglich ist und daher nicht manipuliert werden werden kann.

Es gibt daher Bedarf für eine einfache Systemuntersuchung vor Ort, die nachfolgend vorgestellt wird. Der Anlaß, mich mit diesem Thema zu befassen, war die Fertigstellung der ersten Prototypen eines neuen GPS-Systems. Die ersten Untersuchungen waren natürlich der Vergleich und die Kalibrierung der Prototypen gegenüber den bisherigen Systemen und untereinander. Da immer wieder Modifika­tionen an den Prototypen vorgenommen wurden, mußten diese Untersuchungen häufig wiederholt werden, wodurch der Gedanke an eine Rationalisierung der Methode geweckt wurde.

 

2. Die Untersuchungsmethode

Der richtungsabhängige Antennenfehler ist im allgemeinsten Fall eine Funktion von Azimut und Elevation jedes empfangenen Signals in Bezug auf einen antennenfesten Bezugspunkt, normalerweise der Mittelpunkt des 5/8 Zoll Befestigungsgewindes, und eine markierte Bezugsrichtung. Diese Funktion kann nur mit großem Aufwand ermittelt werden kann, zB. nach WÜBBENA (1996), und muß dann bei der Basislinienenberechnung an jede einzelne Beobachtung entsprechend angebracht werden. Dieser Aufwand steht aber nach bisherigen Erfahrungen in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Genauigkeitsgewinn. Die vorgestellte Methode dient im Gegensatz dazu nur der Bestimmung des konstanten Anteils, der von dieser Funktion abgespalten werden kann, und dessen Variabilität bei unterschiedlichen Satellitenkonfigurationen.

Wenn man statt der einzelnen Messungen nur die resultierenden Ergebnisvektoren betrachtet, so beinhalten diese jeweils den konstanten Anteil, die Exzentrizität, und einen von der Satelliten­konstellation abhängigen variablen Anteil. Durch Wiederholungsmessungen einer bekannten Basislinie zu unterschiedlichen Tageszeiten kann dann der konstante Anteil und die Variationsbreite des restlichen Fehlers ermittelt werden.

Für die Messungen richtet man sich am besten eine kurze Basislinie zwischen 1 bis 10 m ein und verwendet möglichst eine Zwangszentrierung. In der näheren Umgebung sollten sich keine reflektierenden Flächen befinden, da bei diesen kurzen Entfernungen die Reflexionseinflüsse (Multipath) letztendlich den relativ größten Einfluß haben.

Wenn die kurze Basislinie nicht bereits genauestens bekannt ist, kann diese Bestimmung durch einen Antennentausch zwischen den beiden Punkten erfolgen (Abbildung 1). Beim Antennentausch muß man darauf achten, daß beide Antennen immer gleich ausgerichtet werden, um die richtungsabhängigen Fehlereinflüsse zu eliminieren. Die Basislinien vor und nach dem Tausch enthalten die beiden Antennenfehler mit unterschiedlichen Vorzeichen. Daher ist das Mittel ((A-B)+(B-A))/2 frei von beiden Antennenfehlern, während gleichzeitig die Differenz vor und nach dem Tausch ((A-B)-(B-A)) die doppelte Differenz der beiden Antennenfehler enthält.

 

                   Abbildung 1                                                     Abbildung 2

                  

Der Antennentausch ist übrigens auch die beste Methode, um für verschiedenartige Antennen, die in einer gemeinsamen Messung gemischt eingesetzt werden sollen, die relativen Höhen der Phasenzentren über den Bezugspunkten zu bestimmen bzw. kontrollieren. Die Angaben zur Höhe des Phasenzentrums sind zwar konsistent zwischen den Produkten eines Herstellers, können aber durchaus einen Konstanten Offset zu denen eines anderen Herstellers haben. Dies resultiert daraus, daß das Phasenzentrum nicht absolut, sondern immer nur relativ zu einer anderen Antenne bestimmt werden kann. Das Phasen­zentrum befindet sich nämlich nicht zwangsläufig zentrisch innerhalb des physikalischen Volumens der Antenne, sondern befindet sich meist im freien Raum darüber.

Wenn man nun die zu untersuchende Antenne dreht, wie für die Antenne B in Abbildung 2 dargestellt, muß sich auch ein Fehler in der Zentrierung des Phasenzentrums der Antenne um den Drehpunkt bewegen. Andererseits dreht sich aus der Sicht der Antenne die Satellitenkonfiguration in entgegen­gesetzte Richtung, wodurch sich die richtungsabhängigen Antennenfehler ändern. Das Ergebnis ist also die Summe beider Fehlereffekte.

Durch 4 oder besser 8 Drehungen um jeweils 90 Grad erhält man genügend Stützpunkte für eine Auswertung, wie anschließend in den Beispielen dargestellt. Um die Untersuchung feiner aufzulösen, kann man natürlich auch um 6 mal 60, 8 mal 45 Grad oder, wenn man symmetrische Fehler vermutet, um 3 mal 120 oder 5 mal 72 Grad drehen. Wie bereits erwähnt, haben bei dieser Methode die Satellitengeometrie selbst und der davon abhängige Multipatheinfluß den größten Einfluß. Die Qualität der Ergebnisse ist daher unter diesem Aspekt um so besser, je schneller und kürzer der Antennentausch und die Antennendrehung hintereinander erfolgen.

Das schnellste geodätische Meßverfahren ist das Stop&Go Verfahren, bei dem die GPS-Empfänger auch während der Bewegung von Punkt zu Punkt kontinuierlich messen und in Kontakt mit den Satelliten bleiben. Mit dieser Methode können der Antennentausch und 8 Drehungen, also eine Messreihe, ohne weiteres innerhalb von 10 Messminuten durchgeführt werden. Innerhalb dieser Zeitspanne ist normalerweise auch bei Einfrequenzempfängern eine Mehrdeutigkeitslösung “on the fly” möglich.

Bei ungefähr 12 Stunden Umlaufzeit der Satelliten liegen die Geometrieänderungen innerhalb von 10 Minuten, oder +/- 5 Minuten Abweichung vom Mittelwert, bei (360_Grad * 5_Minuten / 12_Stunden) = +/-3 Grad. Die Meßreihe bildet daher einen Schnappschuß der Auswirkungen der aktuellen Satellitenkonfiguration. Eine zweite Messreihe, etwa eine Stunde später, zeigt dann schon die Variabilität und den konstanten Anteil des Fehlers und somit die Größenordnung für die zu erwartenden antennen­induzierten Positionsfehler.

Bei jedem Wechsel der Antennenausrichtung wird jeweils eine neue Punktnummer vergeben, als wenn ein neuer Punkt mit der Stop&Go Methode aufgemessen würde. Das für die Beispiele verwendete Punktnummernschema ist in Tabelle 1 in der Spalte “Eingabe” angegeben.

 

3. Ergebnisse in Beispielen

Nach der oben beschriebenen Methode wurden verschiedene Antennen untersucht. Die Messungen wurden auf einer sehr kurzen Basislinie von 1.5 Metern Länge mit fest montierter Zwangszentierung durchgeführt. Die Basislinie war ungefähr in West-Ost Richtung ausgerichtet, weshalb der Westliche Punkt mit W und der östliche Punkt mit E bezeichnet wird. Die Bezugsantenne wird wie in den Abbildungen 1 und 2 mit A bezeichnet, und die zu untersuchende Antenne mit B.

Da die Auswertungen im Postprocessing erfolgten, wurden die Messungen jeweils ohne besondere Vorlaufzeiten unmittelbar begonnen. Je nachdem, ob das Interesse mehr auf der Nullpunkt-Bestimmung oder der Zentrierung der Antenne lag, wurde der Antennentausch oder auch die zweite Drehung ausgelassen. Der Ablauf der Messungen erfolgte immer nach dem gleichen Schema, das in Tabelle 1 dargestellt ist.

 

Tabelle 1: Ablaufplan und Bezeichnungen

 

Punkt W

Ausrichtung

Eingabe

Punkt E

Ausrichtung

Eingabe

Ant. B

N

100

Ant. A

N

0

Ant. A

N

100

Ant B

N

1

 

 

 

Ant B

E (90)

2

 

 

 

Ant B

S (180)

3

 

 

 

Ant B

W (270)

4

 

 

 

Ant B

N (360)

5

 

 

 

Ant B

E (90)

6

 

 

 

Ant B

S (180)

7

 

 

 

Ant B

W (270)

8

 

 

 

Ant B

N (360)

9

 

Die Untersuchungen können bei einer echtzeitfähigen GPS-Ausrüstung auch ohne Postprocessing durchgeführt werden. Im Gegensatz zu der oben dargestellten Vorgehensweise ist dann lediglich in der ersten Aufstellungskonfiguration, Antenne B auf Punkt E und Antenne A auf Punkt E, das Erreichen einer guten Mehrdeutigkeitslösung abzuwarten. Das Warmlaufen der Empfänger vor der eigentlichen Messung erhöht zudem sicherlich die Qualität der Ergebnisse, wenn dies auch von den Geräte­herstellern nicht ausdrücklich empfohlen wird.

Bei der Untersuchung eines Systems mit Anschluß an eine unzugängliche Referenzstation, wie zB. der eines kommerziellen Anbieters von Korrekturdaten, muß man sich darauf verlassen, daß sich das mittlere Phasenzentrum auf die ausgewiesene Position bezieht. Während der Drehung der untersuchten Antenne ist wegen der geringen Geometrieänderungen während der Messung ein eventueller Einfluß eines richtungsabhängigen Fehlers der Referenzantenne konstant. Ohne Antennentausch kann man über die Koordinatenänderungen nur die Exzentrizität und die Charakteristik der jeweils untersuchten Antenne ermitteln. Wiederholt man diese Untersuchung jedoch bei unterschiedlichen Satelliten­konfigurationen, kann man aber aus den Änderungen auch Rückschlüsse auf die Referenzantenne bzw. die Unterschiede des richtungsabhängigen Fehlers zwischen beiden Antennen ziehen.

Die Auswertung erfolgt am besten grafisch durch vergrößertes Abtragen der Koordinatenunterschiede auf Papier oder durch Eingabe in eine Tabellenkalkulation mit grafischer Punktdarstellung. Durch Linienverbindungen in der Reihenfolge der Messung kann die Anschaulichkeit der Ergebnisse verbessert werden. Nachfolgend werden einige Auswertungen von Untersuchungen nach dieser Methode gezeigt. Die dargestellten Einheiten sind Millimeter.

Die Abbildung 3 zeigt sehr klar eine Exzentrizität der untersuchten Antenne. Die Linie beginnt links oben bei Punkt 0 mit der Position bei getauschten Antennen und geht nach rechts zu Punkt 1, der Ausgangsposition bei nordgerichteter Antenne. Der Mittelpunkt X dieser Linie stellt demnach die fehlerfreie Basislinie dar. Der Linienverlauf 1-2-3-4-5 bildet sehr klar erkennbar eine Rautenform, die einem Quadrat nahekommt. Die Linie verläuft im Uhrzeigersinn entsprechend der Drehrichtung der Antenne. Der Abstand der Punkte 1 und 5 zeigt die hohe Auflösung der Messung trotz der kurzen Messzeit mit einer Wiederholgenauigkeit von ca. 3 Millimetern.

Aus der Grafik kann man relativ eindeutig auf eine Exzentrizität der Antenne schließen, deren Vektor bei Nordausrichtung vom Mittelpunkt der Figur zum Punkt 1weist, bzw. exakter vom Mittelpunkt M eines ausgleichenden Kreises K durch die Punkte 1 2 3 4 5 zum Schnittpunkt der Geraden M-1 mit K weist. Der Vektor vom Kreismittelpunkt M zum Punkt X muß dann im übrigen nach den oben ausgeführten Überlegungen der Fehler der zweiten Antenne sein.

 

Abbildung 3

 

Die in Abbildung 4 gezeigte Untersuchung fand gleich im Anschluß an die vorhergehende mit einem anderen Prototypen statt. Die Grafik zeigt im Prinzip die gleiche Charakteristik, jedoch ist hier die Exzentrizität kleiner und in der Richtung etwas anders. Die Punkte 1 und 5 liegen noch näher zusammen, wodurch die Wiederholgenauigkeit bestätigt wird. Bei genauem Hinsehen fällt auf, daß der Vektor M-X die gleiche Richtung und Größe wie in Abbildung 3 hat, denn es wurde die gleiche Referenzantenne verwendet.

 

Abbildung 4

 

In Abbildung 5 ist die erste Antennenuntersuchung der Serie dargestellt, die zu der oben ausgeführten Methode geführt hat. Die ersten 5 Aufstellungen bzw. Ausrichtungen wurden nach dem “Rapid-Static” Ansatz jeweils ca. 15 Minuten lang gemessen, und die folgenden 5 Aufstellungen, hier abweichend mit 11 bis 15 bezeichnet, jeweils nur 30 Sekunden lang nach der Stop&Go Methode. Die deutlich klarere Ausprägung des Quadrats der Linie 11-12-13-14-15 zeigt die Größenordnung der Verschmiereffekte durch die Konfigurationsänderungen während der Messung.

 

Abbildung 5

 

Nicht alle untersuchten Antennen zeigen jedoch solch klare Charakteristiken. In Abbildung 6 sind die Untersuchungsergebnisse einer Antenne eines anderen Typs dargestellt. Die Grafik zeigt ein ganz anderes, weniger klares Bild. Auch eine Widerholungsmessung zeigte eine ähnliche Ausprägung. Die Punktpaare 1 5, 2 6 und 3 7 liegen nahe beieinander und zeigen die Wiederholmessgenauigkeit. Die Punkte 8 9 fügen sich nicht in das Schema, was jedoch auf eine Konstellationsänderung oder andere Effekte zurückzuführen sein kann. Auch bei der Wiederholungsmessung zeigte sich jedoch die Form eines sehr flachen Trapezes mit diagonaler Ausrichtung und einer Differenz zwischen Nord- und Süd-Ausrichtung von ca. 20 Millimetern. Bei dieser Antenne liegt vermutlich ein sehr stark unsymmetrisch ausgeprägter richtungsabhängiger Antennenfehler vor.

 

Abbildung 6

 

 

4. Resümee

Die dargestellte Methode zur Antennenuntersuchung ermöglicht es auch dem “normalen” GPS-Anwender, sein System auf einfache Weise im Felde zu untersuchen. Dies ist vor allem dann anzuraten, wenn mit ausgeliehen Systemen gearbeitet wird und vor allem, wenn “gemischte” Systeme verschiedener Hersteller eingesetzt werden. Die Untersuchung ist zwar dazu gedacht, die Antennen zu kalibrieren, die Auswertung vermittelt davon unabhängig aber auch ein Gefühl für den antennen­induzierten Fehler. Wenn man nachvollzieht, wie groß letztendlich der richtungsabhängige Antennenfehler im Verhältnis zum gesamten Fehlerbudget ist, wird man von Fall zu Fall gegebenen­falls doch wieder die Antennen nach Norden ausrichten, wie in den Anfängen der geodätischen GPS-Nutzung.

 

Literaturhinweise:

Wübbena, G., et al. : A new approach for field calibration of absolute Antenna Phase Center Variations. Proceedings ION GPS-96

N.N. : UNAVCO 1996 Annual Report, Chapter 4.1, Antenna Testing. www.unavco.ucar.edu/gen_info/FY_reports/FY_96/annual96-1.html

Bawden, G. : UC Davis Phase Center Test, Jan.28-Feb.3 1997. www.geology.ucdavis.edu/~bawden/phasecenter.html

Mader, G. L. : Antenna calibration summary. www.grdl.noaa.gov/GRD/GPS/Projects/ANTCAL/Files/summary.html